06.04.2004
- 17:10 Uhr - Brasilien / Uruguay
Unterwegs nach Uruguay
Uns zieht es weiter bis hin zur brasilianischen Kueste und schliesslich
nach Blumenau, einer typisch deutschen Stadt im Osten Brasiliens.
Der kleine Teil des riesigen Landes den wir bereisen, sieht so ganz anders
aus, als wir uns das vorgestellt haben. Ueberall geteerte Strassen, Bauern
die ihre Felder maehen sowie unglaublich saubere Staedte. Auch die LKws
und Autos die uns entgegenkommen sehen wesentlich besser aus, als noch
zum Beispiel in Argentinien. Es liegen auch bei weitem nicht so viele
zerplatze Reifen und tote Tiere auf der Fahrbahn, ausserdem sehen wir
fast an jeder Tankstelle Fahrer die ihre Monstertrucks waschen. Eben einfach
alles anders, auch die Sprache...
Hier
versteht keiner mehr Spanisch, mit Englisch geht hier auch nichts mehr...
Das habe ich mir anders vorgestellt, portugiesisch und spanisch aehneln
sich wohl doch nicht so...
In Blumenau angekommen, denken wir in Bayern oder einer anderen typisch
deutschen Stadt gelandet zu sein. Wir sehen viele Fachwerkshaeuser und
deutsche Laeden mit Namen wie zum Beispiel "Kaffeetrinken" oder
"Wursthaus".
Bevor wir jedoch Blumenau erreichen, kommen wir in ein wirkliches Unwetter.
Ein bisschen mulmig wird uns zumute, der Himmel wird ca. 10 Kilometer
vor Blumenau tief schwarz. Erst gestern haben wir im Internet gelesen,
ein Hurrican von unbekanntem Ausmass soll sich der Region Rio Grande de
Sol naehern...Ist er das schon?, Blumenau liegt in etwa dieser Hoehe...
Kaum
schaffen wir es uns die Regenklamotten ueberzuziehen, es giesst wie aus
Eimern.
Alle Goretexmembranen versagen, wir werden bis auf die Knochen nass. Heftige
Blitze schlagen um sich, wir schwimmen durch die Stadt. Recht schnell
finden wir ein billiges Hotel, mittlerweile haben wir ein Auge dafuer.
Es sind immer die selben Buden, bestehend aus Holz mit zwei Betten und
Ventilator. Sehr einfach gehalten, Aqua caliente inclusive. Macht nix,
Hauptsache trocken...
Abends
schauen wir noch einmal bei "spiegel.de" im Internet vorbei,
der Hurrican hat einen Tag eher an der Kueste nicht weit von uns heftigen
Schaden angerichtet. Noch mal Glueck gehabt, es war wohl doch nur eher
ein normales Gewitter.
Nur
zwei Tage bleiben wir in "Deutschland", dann ziehen wir weiter.
Wir fahren langsam Richtung Sueden ins Landesinnere, bis nach Caxias D.S.
Dort finden wir wieder eine einfache Unterkunft und auch hier bleiben
wir 2 Tage.
Am
naechsten Tag halten wir Aussschau nach neuen Reifen, da unsere TKC 80
mittlerweile schon eckig sind. Wir steuern verschiedene Reifenhaendler
an, aber alle haben keine 4 Reifen gleichzeitig auf Lager.
Auch hier unterscheiden sich die Werkstaetten unglaublich von allen anderen
die wir bisher gesehen haben. Hier liegt noch nicht mal etwas auf dem
Boden, ganz zu schweigen von Oelflecken...
Alles ist super sauber, aufgeraeumt. Selbst in der riesen Metropole Porto
Alegre, immerhin die groesste im sueden liegende Stadt Brasiliens finden
wir heute keine Reifen mehr. OK, vielleicht haetten wir noch ein bisschen
weiter
suchen sollen, aber bei ca. 35 Grad in dieser Megametropole herumzufahren
macht auch nicht wirklich Spass. Wir brauchen fast eine Stunde, um ueberhaupt
wieder aus dem Centrum herauszufinden.
Nach
insgesammt ueber 500 gefahrenen Kilometern haben wir keine Lust mehr und
kurz bevor es dunkel wird schlagen wir unser Zelt mal wieder an einer
Tankstelle auf. Einen Zeltplatz haben wir bisher hier noch nicht gefunden.
Abends essen wir im Trucker Restaurant mit all den schweren Brummifahrern
zusammen. Es gibt natuerlich Asado, aber auf brasilianische Weise. Hier
heisst es uebrigens Churrasco...
Dabei gibt es ein warmes und kaltes Buffet, mit allerlei leckeren Sachen.
Waehrend des Essens kommen immer wieder die Kellner mit riesigen Fleischspiessen
zum Tisch gelaufen und legen uns etwas auf die Teller. Alle 2 Minuten
im Wechsel kommt ein Anderer, alle moechten ein paar Gramm ihres schweren
Spiesses loswerden. Es gleicht einer Mast, wie soll man da bloss
abnehmen, zumal das ganze Essen nicht teurer als ca. 2.5 Euro pro Person
ist?...unglaublich!
Schliesslich
sitzen wir noch ein wenig draussen und sehen dem Treiben an der Tankestelle
zu. Zwischendurch kommen Einheimische zu uns und moechten einiges ueber
unsere Reise erfahren.
Es ist nicht immer ganz einfach, im spanisch / portugiesischen Kauderwelsch
die richtigen Saetze zu formulieren. Einmal kommt auch jemand vorbei der
mit uns deutsch spricht. Er ist so begeistert von unserem Trip, das er
uns verspricht, uns ins Radio zu bringen...Wir beantworten ihm einige
Fragen und er versichert uns, das wir am naechsten Tag im Radio zu hoeren
seien. Es gibt
fuer Trucker einen deutschen Sender, da viele hier in der Region deutsch
verstehen. In der 2 stuendigen Sendung wird fuer uns ein wenig Platz gemacht...
Nach
einer ziemlich schwuelen und lauten Nacht, gehts am naechsten Tag weiter
Richtung Sueden. Die ganze Nacht ueber wurden neben unserem Zelt LKws
gewaschen, repariert oder einfach die Motoren laufen gelassen. Dabei laesst
es sich nicht gut schlafen...
Heute moechten wir Brasilien verlassen und uns steht eine ziemlich ueberschaubare
Strecke von ca. 250 Kilometern hin zur uruguayischen Grenze auf dem Programm.
Wir moechten noch einen kleinen Eindruch von Uruguay bekommen, von dort
aus moechten wir erst wieder nach Argentinien einreisen. Die Strecke ist
sehr schoen, bergig und bestens asphaltiert. Wir haben uns entschieden
jetzt
keine neuen Reifen mehr aufzuziehen, die restliche Strecke werden unsere
jetztigen auch noch meistern. Wir fahren nicht schnell, meistes nicht
mehr wie 100 km/h. Unendlich viele Kurven fuehren durch bewaldetes Gebiet,
eigentlch so wie im Sauerland oder der Eifel. Kaum vorzustellen, wir fahren
aber immer noch durch Brasilien.
Langsam
naehern wir uns der Grenze zu Uruguay, mal sehen was uns diesmal dort
erwarten wird. Ein wenig sind wir durch unsere letzten Grenzerfahrungen
ja schon abgehaertet, trotzdem haben wir immer ein mulmiges Gefuehl beim
direkten zusteuern auf die Schlagbaeume...
Noch nicht ganz angekommen werden wir auch sofort angehalten und von irgendwelchen
Leuten zugequatscht. Wir koennen uns kaum wehren, da haben wir auch schon
einen Fahrradfahrer vor uns herfahren. Der Gute strampelt vor uns durch
die ganze Stadt, wir fahren ruhig hinter ihm her. Menschen winken uns
zu und moechten uns schon waehrend der Fahrt die Scheiben putzen. Ganz
abgestrampelt zeigt uns der Fahrradfahrer ein kleines Haeuschen, den Zoll.
Die
Zollformulitaeten sind erstaunlicherweise schnell erledigt, zwischendurch
sehen wir einige Fensterputzer fleissig unsere Frontscheiben wienern.
Danach sitzen alle auf Baenken und warten bis "die nur so mit Dollar
um sich herwerfenden Deutschen" die Strasse wieder betreten.
Alles springt auf, alle moechten Dollar. Sie zeigen uns die geputzen Fenster,
ein anderer fragt wieviel wir denn nun wechseln moechten und andere sagen
einfach nur: Moneda! "...jeder bitte nur 1 Dollar".
Ach ja, der Fahrradfahrer ist ja auch noch da. Schnell sitzt er auf seinem
Rad, wir sollen ihm folgen. Schliesslich wittert er das grosse Geschaeft...
Er weisst uns den Weg aus der Stadt und fordert schliesslich 5 Dollar.
Wir denken er hat sich wirklich etwas verdient, obwohl wir ihn nie nach
Hilfe gefragt haben. Aber das genau ist ja der Trick, da wittern sie ihr
Geschaeft.
Wir geben ihm einen Dollar, eine andere Waehrung haben wir auch gar nicht
mehr. Denn das Geld in Uruguay kennen wir ja noch nicht, brasilianisches
haben wir auch nicht mehr. Aber die eigene Waehrung interessiert hier
sowieso niemanden, wenn es doch Dollar zu holen gibt.
Sehr ungemuetlich wird die Situation, aber 5 Dollar fuer das zeigen des
Weges? Wir erklaeren ihm die Situation, dass wir weder nach Hife gefragt
haben, noch welche benoetigt haetten...
Zum Glueck eskaliert die Situation aber nicht, enttaeuscht faehrt mit
einem Dollar wieder zu seinem Ausgangspunkt und wartet erneut auf Touris...
Wir
fahren noch ein wenig durch Uruguay, bis wir fuer heute Schluss machen.
Ein paar Polizeikontrollen sollen noch folgen, aber alle sind super freundlich
zu uns.
In Tacuarembo moechten wir unser Lager aufschlagen, aber zelten scheint
hier nicht moeglich zu sein. Wir finden ein bezahlbares Hotel und machen
uns erstmal mit der Waehrung vertraut. Waehrend wir bei einer Bank vorfahren,
erschrecken sich ploetzlich zahlreiche Wachmaenner und ruecken ihre Gewehre
zurecht...Soviel schwerbewaffnetes Wachpersonal haben wir noch nie gesehen.
Offensichtlich haben wir sie mit unserer ploetzlichen Erscheinung ein
wenig
beunruhigt.
Trotz
der tierischen Hitze fahren wir stets mit unseren Helmen und den kompletten
Mopedklamotten. Damit fallen wir im gesamten Stadtbild schon voll aus
dem Rahmen. Helme oder Handschuhe, geschweige denn Motorradstiefel, hat
hier keiner an. Im Gegenteil, meist sitzen ganze Familien auf ihren Mofas
oder Rollern. Bis zu 5 Personen sitzen irgendwie hintereinander, wobei
der Fahrer oder die Fahrerin noch einen Matetee schluerft...
Waehrend
ich Geld hole stellt sich bei Klaus ersteinmal der Inspector der Stadt
persoenlich vor und Emailadressen werden ausgetauscht.
Spaeter am Abend treffen wir Inspector Daniel nochmal wieder. Stolz zeigt
er uns sein Motorrad, eine "Isuzu 125". Wir duerfen ein paar
Fotos von ihm und seiner Maschine machen. Fuer uns rollt er auch seine
am Motorrad befestigten Fahnen von Brasilien und Uruguay aus. Je nachdem
wo er gerade fuer Recht sorgt, erklaert er uns, hat er die passende Laenderfahne
dabei.
Ja
der Mate...
Einen kleinen Eindruck haben wir bisher von Suedamerika bekommen, ueberall
wird dieser Tee aus den Kuerbistassen mit Bombilla (Strohhalm) getrunken.
Aber nie haben wir das so extrem wie hier in Uruguay gesehen. Waehrend
der Fahrt, auf dem Fahrrad, Mofa oder im Auto...alle haben eine Thermoskanne
und den
passenden Becher dabei.
Abends sitzen wir auf der Plaza und schauen dem Treiben zu. Die Parkbaenke
sind voll mit Jugendlichen und ihren Matebechern.Unglaublich...
Beim Stadtspaziegang hat immer er oder sie die Kanne in der Hand und der
andere den Becher. Abwechselnd wird getrunken.
Zwei
Tage bleiben wir in Tacuarembo, uns gefaellt es hier zu gut. Die Stadt
macht so einen friedlichen Eindruck, vielleicht liegt es ja am Matetee.
Auch sind wir froh wieder ein wenig spanisch sprechen zu koennen, man
versteht uns hier wieder. In Brasilien war das schon manchmal ein wenig
anstrengend, die Kommunikation mit den Einheimischen dadurch eben etwas
schwerer.
Weiter
fahren wir Richtung Westen, in die Stadt Paysandu an der argentinischen
Grenze. Direkt am Rio Uruguay, dem Grenzfluss zu Argentinien, koennen
wir zelten. Glueck haben wir ausserdem, denn heute startet hier ein grosses
Volksfest.
Die "Semana de la cerveza" beginnt heute, eine Bierwoche...ein
riesges Fest wird am Ufer des Flusses vorbereitet. Wir kommen genau richtig,
heute abend soll es losgehen.
Auf
unserem Zeltplatz haelt uns ploetzlich ein Radioreporter vom Radio Paysandu
ein Mikro unter die Nase und moechte mit uns ein live Interview machen.
Irgendwie hat er erfahren, dass auf dem Zeltplatz 2 Deutsche mit Motorraedern
und somit der weitesten Anreise eingetroffen sind.
Vielleicht seien wir ja interessanter als das Fest, gibt er uns zu verstehen.
Uns bleibt kaum Zeit zum Nachdenken, wir muessen sofort ins Micro sprechen.
Wir beantworten die Fragen die wir verstehen, vielleicht auch die die
wir nicht verstehen...
Hauptsaechlich moechte er von uns wissen, wieso man von Europa ausgerechnet
nach Uruguay mit dem Motorrad faehrt. Weiter interessiert es ihn, was
wir in Deutschland von Uruguay wissen bzw. kennen.
Stolz ist er, als wir ihm sagen, das doch Uruguay immerhin der erste Fussballweltmeister
war. Ok, ist schon ein paar Jahre her, im Jahre 1930.
Fussball wird hier wirklich ueberall gesehen, im Fernsehen dreht sich
viel um die WM 2006 in Deutschland. Zur Zeit ist Uruguay leider nur 6ter
in der Qualifikation, aber die Hoffnung haben sie alle noch irgendwie
dabei zu sein. Fussball und Matetee sind fuer die Uruguayos das Wichtigste,
versichern sie uns...
Im
uebrigen sind wir die ersten Gaeste auf diesem neu angelegten Campingplatz.
Passend zum Fest wird dieser eroeffnet, natuerlich ist auch jemand von
der Zeitung anwesend. Statt ein passendes Bild vom Campingplatz und seinen
Einrichtungen abzulichten, stellen wir das Hauptmotoiv. Am naechsten Tag
ist auf Seite 3 im Telegraf der oertlichen Zeitung unser Zelt und Klaus
sein Motorrad gross abgelichtet. Ein schoenes Bild, nur vom Campingplatz
sieht man recht wenig...
Spaeter
auf dem Fest wird es richtig voll. Es gibt auch eine riesige Arena, die
bis zum letzten Platz gefuellt ist. Eine super Stimmung herrscht drinnen,
vor ca. 5000 Menschen findet dort die Miss Paysandu Wahl statt. Zusaetzlich
gibt es Musik und Tanzveranstaltungen.
Zum Abschluss gibt es noch ein gigantisches Feuerwerk, hunderte von Raketen
werden in den Nachthimmel geschossen.
So geht der erste Tag des Bierfestes zu Ende, es soll eine Woche dauern.
Nur eines ist schon komisch, auf der "semana de la cerveza"
wird eigentlich ueberhaupt kein Bier getrunken...
Stattdessen sehen wir tausende von Menschen mit ihren Thermoskannen und
Kuerbisgefaessen ueber die Staende laufen.
Irgendwie
gefaellt es uns hier unheimlich gut. Wir moechten gar nicht mehr weg.
Die Menschen sind unheimlich freundlich, die Matetee-Mentalitaet hat es
uns angetan. Der Zeltplatz fuellt sich jeden Tag ein wenig mehr, heute
haben wir auch zum ersten mal mit den Fussballverrueckten Suedamerikanern
eine Runde am Strand gekickt. Das ist schon eine ganz andere Liga, die
sind mit einem unheimlichen Temperament dabei und kleben foermlich am
Ball. Da wird jeder Pass
und jede Bewegung lautstark kommentiert, doch der Spass steht dabei immer
im Vordergrund und es wird viel gelacht!
Nassgeschwitzt und kopfueber ging es dann anschliessend in den Rio Uruguay
zur Abkuehlung.
Einmal die Deutschen schlagen, dass wollten sie alle!!! Obwohl wir technisch
weit unterlegen waren, haben wir es mit unserem Team geschafft ein Unentschieden
zu halten. Typisch deutsch eben...
Uebermorgen
werden wir leider Uruguay wieder verlassen, denn in unserem Pass sind
dummerweise bei der Einreise nur 7 Tage eingetragen worden. Sehr gerne
wuerden wir noch viel laenger hier bleiben, aber so langsam laeuft uns
nun doch die Zeit davon.
Uruguay hatten wir urspruenglich gar nicht auf unserer Rechnung.
OK,
das wars mal wieder fuer heute und viele Gruesse in die Heimat
Mark
und Klaus
 
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